Gret Haller
Staatlichkeit und Gleichheit
Der Umgang mit Moral und Recht in der internationalen Politik
Referat anlässlich der Jahrestagung 2003 der Oekumenischen Vereinigung der Akademien und Tagungszentren in Europa zum Thema «Auf dem Weg zu einer Kultur des Friedens – Beiträge zur Ueberwindung (ökonomischer) Gewalt» , im Evangelischen Tagungs- und Studienzentrum Boldern, Männedorf / CH, 17. - 21. September 2003

Wenn ich mich nach Bereichen der internationalen Politik umsehe, in welchen der Umgang mit Moral und Recht von besonderer Bedeutung ist, so werde ich heute fast gewaltsam auf die Geschehnisse gestossen, welche äusserlich besehen ihren Anfang am nahmen mit den Terroranschlägen vom 11.September 2001. Sie fanden ihre Fortsetzung in dem, was der US-Präsident als «Krieg gegen den Terrorismus» bezeichnet, später im Afghanistan-Krieg und schliesslich im Irak-Krieg. Die Vereinigten Staaten haben auf die Terroranschläge in einer bestimmten Weise reagiert, wobei man wahrscheinlich noch unterteilen müsste in die Exponenten der US-Aussenpolitik, die breitere Bevölkerung in den Vereinigten Staaten und das Milieu kritischer Intellektueller. Europa hat in einer bestimmten Weise reagiert, die verschiedenen Wandlungen unterworfen war. Die Welt des Islam hat reagiert, die Welt überhaupt hat reagiert, sehr vieles ist nicht mehr wie vor dem 11.September 2001.

Da ich hier an Ihrer Tagung vor einer europäischen Zuhörerschaft referiere, und zwar – was mich sehr freut – zu Verantwortlichen für Tagungszentren sowohl aus Westeuropa wie auch aus Mittelosteuropa, nehmen meine Ausführungen vor allem die europäische Sicht und das europäische Empfinden auf. Und damit es gleich klar ist: Ich meine damit sowohl das, was einige Herren jenseits des Atlantiks neuerdings mit der Bezeichnung «Neues Europa» zu versehen pflegen, als auch das, was sie – offenbar in disqualifizierender Absicht – das «Alte Europa» nennen. Im Zusammenhang mit den Themen, welche im Titel meines Referates angesprochen sind, bildet Europa nämlich ein Ganzes und werden innereuropäische Unterschiede vor allem herbeigeredet. Ich möchte nun vorweg etwas sagen zum Verhältnis zwischen Europa und den Vereinigten Staaten, und zwar möchte ich dies in differenzierter Weise tun. Europa definiert sich nicht aus der Abgrenzung zu den Vereinigten Staaten und sollte dies auch nicht anstreben. Dennoch kann ich mit jenen nicht einig gehen, welche auch heute noch die unerschütterliche ideelle Einheit des sogenannten «Westens» propagieren und ängstlich jene unterschiedlichen Werthaltungen negieren, die in den vergangenen Monaten sichtbar geworden sind. Am schönsten und sehr weise hat es der britische Historiker Eric Hobsbawm umschrieben, indem er sagte: «Es existiert eine europäische Identität, die in ihrem Selbstverständnis nicht deckungsgleich ist mir der amerikanischen. Gegenüber Amerikanern ist man europäisch, gegenüber anderen Europäern fühlt man sich als Engländer oder als Deutscher» ("Die Zeit» vom 10.Juli 2003). Das wichtige an den transatlantisch unterschiedlichen Werthaltungen, die in den letzten Monaten deutlicher sichtbar geworden sind, liegt für Europäerinnen und Europäern weniger in der Wahrnehmung dieser Unterschiede, als vielmehr in der Erkenntnis, um was es sich bei dieser europäischen Identität eben letztlich handelt. Es geht nicht darum, sich abzugrenzen, sondern es geht darum, klarer zu verstehen, was wir selber sind, warum wir so sind und was wir im weltweiten Zusammenspiel der Staaten anzubieten haben.

Wenn man diese unterschiedlichen Werthaltungen besser verstehen will, genügt es nicht, nur bis zum 11.September 2001 zurückzublicken, sondern die Differenzen reichen viel weiter zurück, nämlich bis ins 17.Jahrhundert. Einsetzen will ich nun beim nationalen Selbstverständnis der Vereinigten Staaten, welches sich massgeblich von demjenigen europäischer Staaten unterscheidet. Mit dem westfälischen Frieden kam in Europa 1648 ein Jahrhundert blutiger Religionskriege zum Abschluss. Europa hat damals den religiös oder moralisch begründeten Krieg geächtet und hat die Religion definitiv dem Staat untergeordnet. Gleichzeitig begann die Auswanderung nach Amerika. Die meisten Auswanderer wählten den Weg über den Atlantik aus wirtschaftlicher Not oder aus Abenteuerlust. Die wenigen, die aber eine weltanschauliche Motivation hatten, wollten genau diese neue europäische Rangordnung zwischen Staat und Religion nicht anerkennen. Insbesondere die puritanischen Pilgerväter verstanden ihre religiösen Gemeinschaften als eine öffentliche Ordnungsstruktur, die gar keinen Staat brauchte. Sie gingen von der Idee des auserwählten Volkes Gottes aus und lehnten jede staatliche Einmischung ab. So kam es in Amerika zur strikten Trennung von Kirche und Staat. Diese hatte nie den Sinn, den Staat vor der Religion zu schützen, wie das für Europa gilt. Es geht im Gegenteil darum, die Religion vor dem Staat zu schützen, denn in den Vereinigten Staaten steht die Religion über dem Staat.

Als im ausgehenden 18.Jahrhundert Nationalstaaten geschaffen wurden, entfaltete dieser Unterschied seine Wirkung. Die europäischen Nationen wurden ausnahmslos staatspolitisch begründet. Die US-amerikanische Nation begründet sich hingegen religiös, wobei sich dies auch in moralischen Kategorien äussert. Eine andere Begründung der amerikanischen Nation war gar nicht möglich, denn eine staatspolitische Identität im europäischen Sinne gibt es in den Vereinigten Staaten nicht, weil die Rangordnung zwischen Staat und Religion umgekehrt ist.

Diese umgekehrte Rangordnung hat sich auch ausgewirkt auf das Verhältnis zwischen Recht und Moral. In Europa sind Recht und Moral getrennt. Zwar spielen moralische Kategorien in der politischen Auseinandersetzung über die Gesetzgebung eine wichtige Rolle. Ist das Recht aber einmal in Kraft gesetzt, so wird es moralisch neutral. In Europa garantiert die Gewissensfreiheit, dass «gute» und «böse» Menschen rechtlich genau gleich behandelt werden, was immer man sich unter «gut» und «böse» auch vorstellen mag. Alle Menschen werden nur nach ihren Taten beurteilt und nicht nach ihrer Gesinnung. Der Straftäter zum Beispiel ist nicht böse, er ist nur rechtlich strafbar. Die Vereinigten Staaten kennen die Trennung von Recht und Moral im europäisch strikten Sinne nicht. So wird zum Beispiel über Sammelklagen praktisch nie rechtlich entschieden, sondern der moralische Druck der Oeffentlichkeit zwingt die Beklagten zum Abschluss eines Vergleiches. Straftäter gelten in den Vereinigten Staaten als moralisch verwerflich. Dies ist auch der Grund, weshalb dort die Todesstrafe nicht abgeschafft werden kann.

Weil sich die US-amerikanische Nation religiös und moralisch begründet, ist die mangelnde Trennung von Recht und Moral auch für das nationale Selbstverständnis von Bedeutung. Dieser transatlantische Unterschied wird heute vor allem im Völkerrecht sichtbar. Das Völkerrecht wurde in Europa ebenfalls im Westfälischen Frieden 1648 erfunden. Es ist eine zwischenstaatliche rechtliche Ordnung, der sich die Staaten freiwillig unterstellen, womit sie einen teilweisen Souveränitätsverzicht leisten. Seit einigen Jahren – genau besehen seit 1989 – verweigern die Vereinigten Staaten immer systematischer die Teilnahme an völkerrechtlichen Verträgen. Sie bevorzugen die Zusammenarbeit mit befreundeten Staaten von Fall zu Fall, und sie setzen die sogenannte «Koalition der Willigen» an die Stelle der völkerrechtlichen Einbindung. Damit tritt aber die Moral an die Stelle des Rechts: Eine weltweite völkerrechtlich Ordnung muss nämlich moralisch neutral sein, damit sie ihr Ziel erreichen kann. Die UNO und die internationalen Vertragswerke müssen möglichst viele Staaten einbinden, ohne zu unterscheiden zwischen «guten» oder «bösen» Staaten. Die sogenannte «Koalition der Willigen» ist hingegen ein moralisches Konzept, indem die «Willigen» zu Freunden der USA werden. Die «Willigen» sind die «Guten» , die «Unwilligen» werden unterschiedlich benannt, das Spektrum reicht vom Begriff der «getrübten Freundschaft» bis hin zum sogenannten «Schurkenstaat» . All dies sind moralische Begriffe. Das Freund-Feind-Schema, welches die Vereinigten Staaten heute zur Anwendung bringen, ist die direkte Gegenposition zu einer weltweiten völkerrechtlichen Einbindung. Die beiden Konzepte schliessen sich gegenseitig aus.

Warum aber ist die langsam gewachsene Ordnung des Völkerrechtes heute plötzlich gefährdet ? Seit 1989 sind wir zum ersten mal in der Geschichte mit einer neuen Konstellation konfrontiert. Bis zum ersten Weltkrieg lebte Amerika ziemlich isoliert. Danach begannen sich die USA für die Welt zu interessieren, hatten aber immer einen militärisch starken Gegner: Der erste Weltkrieg ging sehr bald in den zweiten über, gefolgt von der Bedrohung durch die UDSSR. Im Kalten Krieg verhielten sich die Vereinigten Staaten relativ europäisch, denn der Ostblock musste auch völkerrechtlich eingebunden werden. Erst seit 1989 bricht das US-nationale Selbstverständnis uneingeschränkt durch. Zwar macht die Person des heutigen US-Präsidenten die Rolle der Religion in der US-nationalen Identität besonders deutlich. Trotzdem wäre es falsch, die gegenwärtige Weltlage auf die heutige US-Administration zurückzuführen. Alle Anzeichen des Wandels sind bereits seit 1989 zu beobachten.

Zum Ausdruck kommt das US-nationale Selbstverständnis vor allem im Begriff des «nationalen Interesses» . Dieses ist nicht zu vergleichen mit dem, was alle europäischen Staaten unter dem selben Begriff überhaupt auch nur verstehen könnten. Wenn mit dem US-amerikanischen «nationalen Interesse» argumentiert wird, so ist implizit auch immer mitgemeint, dass es sich bei dieser Nation um das auserwählte Volk Gottes handelt. Und es ist mitgemeint, dass diese Nation für das moralisch «Gute» schlechthin steht. Das US-amerikanische «nationale Interesse» kann nicht mit europäischen Massstäben der Moral gemessen werden, denn es stellt selber einen religiös begründeten, moralischen Massstab dar. Dies ist nur erklärbar durch die umgekehrte Rangfolge von Staat und Religion in den Vereinigten Staaten. Diese Rangfolge erklärt aber auch, warum die USA heute noch moralisch begründete Kriege führen können. Und sie erklärt, warum diese Nation die Illusion der eigenen Unverwundbarkeit aufrecht erhalten muss. Die Gründe für die transatlantisch unterschiedliche Betrachtungsweise sind ideengeschichtlich und sie gehen ins 17.Jahrhundert zurück. Aber erst seit 1989 ist dies für die aufgeklärten europäischen Staaten deutlich wahrnehmbar geworden.

Dieses nationale Selbstverständnis der Vereinigten Staaten hat letztlich auch ein anderes Verständnis der Menschenwürde zur Folge als wir es in Europa kennen. Das möchte ich nun etwas näher ausführen. US-nationale Identität leitet Menschenwürde davon ab, dass man sich mit dem Guten identifiziert, für das diese Nation steht. So verstandene Menschenwürde erreicht Universalität, indem es weltweit allen Menschen offensteht, sich zu den Werten zu bekennen, welche diese Nation verkörpert. Daraus erklärt sich das Sendungsbewusstsein vieler US-Amerikaner. In dieser Weltsicht gibt es zweierlei Menschen: Die «Einen» bekennen sich zu den Werten dieser Nation, für die «Andern» ist das nicht oder noch nicht der Fall, weil sie durch die Umstände daran gehindert werden. Ein erschreckend deutliches Beispiel dafür ist das Unverständnis weiter Teile der US-amerikanischen Bevölkerung für die Reaktionen der Iraker auf die Besetzer: Da hatte man doch erwartet, dass die Soldaten als Befreier freudig begrüsst würden, und jetzt wird auf sie geschossen. In ihrer Uebersteigerung kann US-nationale Identität dazu führen, dass das nationale Interesse der Vereinigten Staaten gleichgesetzt wird mit dem Interesse der ganzen Menschheit, weil in dieser Weltsicht die US-Nation das Gute «treuhänderisch» für die ganze Menschheit verwaltet.

Aus diesem Verständnis der Nation erklärt sich auch die Formel «Kampf gegen das Böse» , und vor allem erklärt es sich, warum sich die Exponenten der US-Aussenpolitik für befugt halten, diese moralische Kategorie im nationalen Alleingang zu definieren. Ein internationaler Austausch darüber ist nicht vorgesehen, man kann sich dieser Sicht nur anschliessen oder nicht anschliessen. So wie sich die US- amerikanische Aussenpolitik seit den Terroranschlägen vom 11.September 2001 präsentiert, macht sie dieses Verständnis der Menschenwürde plötzlich spürbar. Wer sich dem moralischen Führungsanspruch der Vereinigten Staaten nicht unterzieht, wird zu den «Anderen» gezählt. Dies ist der Grund, warum die US-amerikanische Aussenpolitik auf diese «Anderen» entwürdigend wirkt, und dies übrigens ungeachtet dessen, auf welchem Kontinent dieses Planeten sie leben. Das Gefühl der Entwürdigung wird ausgelöst durch die moralische Ausgrenzung aufgrund einer übersteigerten US-nationalen Identität. Und der Grund liegt darin, dass so verstandene Menschenwürde national zugeordnet wird.

Dass in Europa der Sozialstaat immer sehr viel weiter entwickelt war als in den Vereinigten Staaten, hat ebenfalls mit dem unterschiedlichen Menschenbild und der Vorstellung von Würde und Sicherheit des Menschen zu tun. Gleichheit gehört nun einmal zum europäischen Menschenbild. Das heisst, Würde hat der Mensch erst dann, wenn und soweit alle Menschen die selbe Würde haben. Europa hat diese Einsicht aus einer langen Geschichte der Gewaltanwendung gelernt. In Europa hat man blutig gelernt und erlitten, wozu es führt, wenn man Ausgrenzung betreibt. Zunächst erfuhr man die gewaltsamen Folgen der religiösen Ausgrenzung, später jene der nationalen Ausgrenzung, beides führte zu schrecklichen Kriegen. Der sozialen Ausgrenzung begegnete Europa durch die Schaffung von sozialer Sicherheit, welche – jedenfalls bis heute noch – garantiert, das der Einzelne nicht durch die Maschen des sozialen Netzes fällt. Eigene Sicherheit gibt es in diesem Bereich ebenfalls nur dann, wenn auch jeder Andere wenigstens über ein Minimum an Sicherheit verfügt. Genau das liegt der Idee des Sozialstaates zugrunde, so wie er in Europa entwickelt worden ist, in den einen Ländern etwas mehr und in den anderen etwas weniger. Sicherheit hat ganz zentral mit dem Verständnis der Menschenwürde zu tun hat. Und deshalb glaube ich, dass Europa langfristig über bessere Methoden als die Vereinigten Staaten verfügt, die Sicherheit zu gewährleisten.

In diesem Zusammenhang möchte ich nun noch auf eine andere Entwicklungslinie eingehen, von der ich glaube, dass sie das gegenwärtige Geschehen ebenfalls sehr stark beeinflusst. Es ist die Geschichte Europas in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Seit dem zweiten Weltkrieg findet im Zusammenhang mit dem Begriff der Nation in Europa ein eigentlicher Paradigmenwechsel statt. Noch im 18.Jahrhundert bezeichnete «Nation» ein rein kulturelles Phänomen, das mit Politik nichts zu tun hatte. Man bezeichnet dieses Phänomen noch heute als «Kulturnation» . Erst mit der französischen Revolution entstand die «Staatsnation» : Der republikanisch gewordene Staat hatte seine Identifikationsfigur verloren. Der französische König hatte zuvor gesagt «L'Etat s'est moi» , und nun war er geköpft worden. Die Ideale der Aufklärung waren zu abstrakt, als dass man daraus eine Identität hätte ableiten können. Deshalb machte man aus der Kulturnation eine Staatsnation, und diese diente von nun an als identitätsstiftendes Gefäss für den republikanischen Staatsgedanken. So entstand der Nationalstaat.

Wir wissen alle, zu was für Entsetzlichkeiten die Nation führen kann, sobald sie in die Erscheinungsform des Nationalismus umkippt. In Europa führte das zu ebenso grausamen Gewaltakten wie einige Jahrhunderte zuvor, als dieser Kontinent durch Religionskriege erschüttert worden war. Wenn ich von einem Pardigmenwechsel im europäischen Verständnis der Nation gesprochen habe, der seit 1945 stattgefunden hat, so meine ich folgendes: Man knüpfte nach 1945 an jenen Schritt an, der in der französischen Revolution gemacht worden ist, und der den Staat mit der Nation verbunden hat. Aber man ging nun wieder in umgekehrter Richtung. Wenn wir heute von nationaler Identität sprechen, so meinen wir in Europa immer zwei Komponenten, die in dieser Identität enthalten sind. Einerseits ist es eine staatspolitische Komponente der Identität im Sinne des damals durch die französische Revolution geschaffenen Republikanismus. Andererseits ist es eine «nationale» Komponente der Identität, verstanden aber im Sinne der alten Kulturnation, d.h.es ist eigentlich die kulturelle Beheimatung. Diese beiden Komponenten wurden bis 1945 nie getrennt verstanden. Aber der Schock des zweiten Weltkrieges hat in Europa dazu geführt, dass die Nationalstaaten bereit waren, einen Teil ihrer staatspolitischen Identität auf die europäische Ebene zu übertragen und daselbst einen gemeinsamen Rechtsraum zu schaffen. Die nationale Identität, verstanden als kulturelle Beheimatung ist jedoch dort verblieben, wo sie historisch entstanden ist, nämlich auf der Ebene des Nationalstaates und sogar in noch kleinräumigeren regionalen Unterteilungen, wie zum Beispiel in Bayern oder in der Lombardei. Europa wird nie eine Nation werden. Europa darf keine nationale Identität anstreben, denn seine Stärke und seine Zukunft liegt in der langsam voranschreitenden Ablösung der staatspolitischen von der nationalen Komponente der Identität. Oder anders gesagt: In der Europäischen Union verdichtet sich und wächst eine staatspolitische Identität, welche ihre schicksalhafte Verbindung mit der nationalen Identität überwunden und abgestreift hat. Dies ist die Grundlage der europäischen Friedensordnung und damit auch die Grundlage für das friedliche Zusammenleben der Menschen. Der Paradigmenwechsel ist möglich geworden durch die schreckliche Erfahrung von zwei Weltkriegen.

Der Paradigmenwechsel folgte aber einem Muster, das in Europa schon lange bestand, und von dem ich bereits gesprochen habe, nämlich dem Muster des westfälischen Friedens. Damals wurde die Religion säkularisiert, das bedeutet, sie wurde eingebunden in eine übergeordnete rechtliche Struktur. Wie ich bereits erwähnt habe, wurde damals in Europa auch das Völkerrecht erfunden, die Staaten einigten sich darauf, dass man die Religion auf diese Weise einbinden wolle. Auch dies war damals ein Paradigmenwechsel, und zwar einer, der sich bis heute auf Europa auswirkt. Diesem Muster folgte der Paradigmenwechsel, der seit 1945 stattfindet. Die Nationen wurden eingebunden in eine übergeordnete rechtliche Struktur. Im Rahmen der Europäischen Union entsteht nicht nur Völkerrecht, sondern es entsteht in einem nächsten Schritt nun auch supranationales Recht. Aber die zugrundeliegende Philosophie ist die selbe wie 1648. Deshalb spreche ich nicht nur von der Säkularisierung der Religion, welche in Europa 1648 stattfand, sondern ich spreche auch von der Säkularisierung der Nation, die seit 1945 in Europa stattfindet. Zwischen Nationalismus und gewaltorientierter Religionsausübung gibt es nicht nur Parallelen in der Form der Riten und Zelebrationen, sondern auch dem Nationalismuses liegt immer die Vorstellung des Auserwähltseins zugrunde, dasselbe also wie den Religionen vor ihrer Säkularisierung. Deshalb war es auch möglich, dass es nach der erfolgreichen Säkularisierung der Religion in Europa nochmals zu derart zerstörerischen Kriegen kommen konnte, in welchen die Nationen die Rolle übernahmen, welche vor 1648 die Religionen gespielt hatten. Wenn wir uns die Geschichte spiralförmig vorstellen, so könnten wir sagen, dass nach 1648 nochmals eine Rundumdrehung der Spirale stattgefunden hat, jetzt aber nicht mehr im Zeichen der Religion, sondern im Zeichen der Nation. So gesehen könnte man sagen, der westfälische Frieden habe erst nach 1945 seine effektive Umsetzung erfahren. Einen Gedanken in ähnlicher Richtung hat kürzlich Ulrich Beck geäussert, indem er einen Vergleich zog zwischen der Trennung von Staat und Religion im westfälischen Frieden und einer Trennung von Staat und Nation, die in einem kosmopolitischen Europa eine Antwort sein könne auf die «Welt(bürger)kriege des 20.Jahrhunderts» ("Die Zeit» vom 10.Juli 2003).

Erlauben Sie mir hier bitte noch eine Klammerbemerkung zu den Kriegen der Neunziger Jahre im Balkan, wo ich während fünf Jahren gearbeitet habe. Diese Kriege waren keine Religionskriege, sondern ihr Auslöser war ethnonationalistisch. Ethnonationalismus führt zu einer monolithischen ethnischen Identität. Er vernichtet die staatspolitische Komponente der nationalen Identität, und dadurch wird die nationale Identität zu einer nationalistischen. Oder wenn ich es umgekehrt formuliere: Nationale Identität ist nur dann vor dem Umkippen in Nationalismus geschützt, wenn sie auch eine starke staatspolitische Komponente aufweist. Deshalb kann der Balkan nur durch die Schaffung staatspolitischer Identität befriedet werden, denn nur so ist eine Befreiung möglich von der monolithischen ethnischen Identität, welche immer zur Gewaltanwendung führt. Im Balkan ist genau die selbe Entwicklung nötig, wie sie Westeuropa nach 1945 angestrebt hat, nämlich im weitesten Sinn die Säkularisierung der Nationen, ihre Einbindung in eine rechtsstaatliche Struktur. Sobald die staatspolitische Komponente der Identität wieder genügend stark geworden ist, können in den einzelnen Staaten wieder Bewohner verschiedener Herkunft zusammenleben. Nationalismus – und insbesondere Ethnonationalismus – will die Grenzen von Kulturnation und von Staatsnation mit Gewalt in Uebereinstimmung bringen. Vor 200 Jahren war das noch möglich, Frankreich ist dafür das klarste Beispiel. Aber gerade der Balkan zeigt uns, dass das heute nicht mehr möglich ist. Kulturnationen gibt es im Balkan viele und in recht ursprünglicher Ausprägung. Will man aus ihnen Staatsnationen machen, so führt dies unweigerlich zu Kriegen, denn viele Gebiete werden von verschiedenen Kulturnationen beansprucht. Dies rührt daher, dass sich in Mittelosteuropa die grossen Reiche viel länger erhalten haben als in Westeuropa, das osmanische Reich, das habsburgische und jenes der russischen Romanow. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Weg des Balkans darin besteht, die 200 Jahre im selben Tempo nachzuholen, welche Westeuropa seit der französischen Revolution erlebt hat. Zwar werden formal Nationalstaaten gebildet oder wiedergebildet, und sie sind durchaus souverän. Aber diese Vorgänge sind bereits mitgeprägt von der in Westeuropa im Gange befindlichen «Trennung von Staat und Nation» , um das Zitat von Ulrich Beck nochmals aufzugreifen. Was aber wichtig ist, und warum ich diese Klammer überhaupt geöffnet habe: Der Balkan hat den selben Weg vor sich, den Westeuropa seit 1945 und Europa als ganzes seit 1648 unter die Füsse genommen hat.

Wenn ich nun das Stichwort Moral nochmals aufgreife, so deshalb, weil sich von da her eine Linie abzeichnet, die nochmals in eine ähnliche Richtung führt. Lassen Sie mich mit einer These beginnen, mit der ich bereits gesagtes nochmals anders formuliere: Im europäischen Sprachgebrauch ist «Recht» der Name für kollektiv gültig erklärte Moral. Ich gehe dabei von folgender Ueberlegung aus: Jeder Mensch trägt Gutes und Böses in sich. Es liegt in seiner moralischen Verantwortung, ob er das Gute oder das Böse zum Tragen bringt. Sollen moralische Kategorien aber allgemein verbindlich werden, müssen sie ein bestimmtes Verfahren durchlaufen. Es muss eine öffentliche Auseinandersetzung darüber geführt werden, was auch kollektiv als gut oder böse gelten soll. Diesen Vorgang nennen wir Demokratie, und das Resultat ist gültiges Recht. Das Gute und das Böse werden in verschiedene Rechtsnormen übersetzt, zum Beispiel das Gute in Grundwerte, das Böse in strafrechtlich verbotene Handlungen. Sobald das Gute und das Böse in gültiges Recht gefasst worden sind, werden sie nicht mehr als «gut» oder «böse» bezeichnet. Gesetz ist moralisch neutral. Ein Straftäter ist rechtlich strafbar, aber er ist nicht moralisch verwerflich, wie ich er bereits früher ausgeführt habe. Deshalb eben ist «Recht» der Name für kollektiv gültig erklärte Moral. Recht entsteht immer durch gedanklichen Austausch: Einigen sich zwei Personen darüber, was zwischen ihnen gelten soll, so entsteht ein Vertrag. Der parlamentarische Austausch führt über Mehrheitsentscheide zu Gesetzen. Internationales Recht entsteht durch das Zusammenwirken von Staaten und wird in seinen Grundzügen von den nationalen Parlamenten genehmigt. Eine Person allein kann keinen Vertrag mit sich selber abschliessen, wie auch ein Parlamentarier allein kein Gesetz verabschieden kann. Für Europa steht seit der Erfindung des Völkerrechtes fest, dass auch im Verhältnis zwischen den Staaten Recht nur durch gedanklichen Austausch entstehen kann. Im Rahmen der Europäischen Union wird das selbe Verfahren auf die supranationale Ebene übertragen.

Hier trifft sich nun der Gedankengang zum Verhältnis zwischen Recht und Moral mit den vorangehenden Ueberlegungen zum Verhältnis zwischen Recht und Nation: Die Europäische Union verkörpert nicht nur die Ueberwindung des Nationalismus, indem sich eine staatspolitische Identität losgelöst von der nationalen Identität herausbildet, sondern der praktische Vorgang besteht darin, dass ein gemeinsamer Rechtsraum geschaffen wird, der über den Nationalstaaten steht. Mit dem Entscheid, diesen gesamteuropäischen Rechtsraum zu schaffen, wurde also nicht nur die staatspolitische Identität über die Bindung an die Nation hinausgehoben, sondern auch die Moral – soweit sie sich auf den Umgang mit der öffentlichen Ordnung bezieht – hat eine gesamteuropäische Dimension erreicht und sie kann deshalb nicht mehr nur national umschrieben werden. Weil es keine gesamteuropäische nationale Identität geben kann, sondern nur eine staatspolitische, wird damit die Gefahr gebannt, dass eine Nation moralische Kategorien allein definiert. Kollektiv gültig erklärte Moral tritt immer in der Form des Rechts auf, und dieses Recht wird immer demokratisch – das heisst unter Mitwirkung aller davon Betroffenen – gesetzt, sei dies nun über die Beteiligung des europäischen Parlamentes oder sei es über die Kontrolle der Regierungen der Mitgliedstaaten durch die nationalen Parlamente. Entscheidend ist dabei die Ablösung der moralischen Grundlagen öffentlicher Ordnung von der Nation und ihre gesamteuropäische Festschreibung im Recht.

Weil Sie im gesamteuropäischen Raum verantwortlich sind für Akademien und Tagungszentren, die sich auch religiös definieren, möchte ich nun noch etwas näher eingehen auf die Rolle der Religion. In diesem Zusammenhang muss differenziert werden zwischen der Religion als Privatangelegenheit und der Religion als öffentliche Ordnungsstruktur, welche die gesellschaftliche Integration gewährleistet. In Europa müssen Wertvorstellungen, die das Individuum im privaten Bereich aus der Religion ableitet, durch einen speziellen vorgang ihren Weg in die öffentliche Ordnungsstruktur finden, die primär eine staatliche ist: Der Vorgang ist der selbe wie für moralische Werturteile oder andere Überzeugungen, auf was auch immer diese basieren mögen, auf Glauben, auf Erfahrung oder auf Vernunftsgründen. Das Individuum muss seine Überzeugung in die öffentliche Diskussion einbringen, es muss sie gleichsam «übersetzen» in eine Sprache, die auch von Leuten akzeptiert werden kann, welche Religion als solche ablehnen. Damit gelangen diese Wertvorstellungen auf die Ebene der öffentlichen Ordnungsstruktur, wo sie aber konfrontiert sind mit anderen Wertvorstellungen, welche ebenfalls aus ihren jeweiligen Bereichen in eine allgemeine Sprache übersetzt worden sind, so dass sie sich im Recht niederschlagen können. Es gibt in Europa keinen Weg, religiöse, moralische oder andere Werturteile für andere Personen direkt verbindlich zu machen, es sei denn über den Weg des Rechts. Die Rechtssetzung dient gleichsam als Filter für die Ansprüche, die an den einzelnen gestellt werden: Bindend können diese Ansprüche für das Individuum in seiner Eigenschaft als Rechtsunterworfener nur dann werden, wenn sie durch das Verfahren hindurchgegangen sind, an welchem sich dasselbe Individuum in seiner Eigenschaft als Staatsbürger beteiligen konnte. Dies ist dann wiederum die Voraussetzung dafür, dass von der individuellen Rechtsperson die Einhaltung auch jener Rechtsvorschriften verlangt werden kann, die sie als Staatsbürger zwar ablehnte, in dieser Ablehnung jedoch in die Minderheit versetzt wurde und unterlegen ist. Und aufgrund dieses Vorganges ist die Verpflichtung zur Einhaltung der Rechtsvorschriften keine moralische mehr, oder gar eine religiöse, sondern lediglich eine rechtliche.

Von den Verhältnissen jenseits des Atlantiks war bereits die Rede. Genauso wie in den Vereinigten Staaten Moralvorstellungen direkt in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen einfliessen, geschieht dies auch mit religiösen Wertvorstellungen. Dadurch erhält auch die Religion den Stellenwert einer öffentlicher Ordnungsstruktur, wofür jenseits des Atlantiks durchaus ein Bedürfnis besteht, da die öffentliche Ordnungsstruktur nicht wie in Europa eine primär staatliche ist. Jede Gesellschaft braucht und hat eine öffentliche Ordnungsstruktur. Wenn es nicht die Staatlichkeit ist, so tritt etwas anderes an dessen Stelle.

Vor allem im ökonomischen Belangen sind wir heute mit einer massiven Welle der Entstaatlichung konfrontiert. Davon wissen Sie als Verantwortliche für Akademien und Tagungszentren ein Lied zu singen. Ich möchte hier nun aber über den rein ökonomischen Bereich hinausgehen und die Entstaatlichung auch aus dem Blickwinkel der Identität betrachten. Ein von der Staatlichkeit befreites Individuum sucht Bindung. Wenn staatspolitische Identität verblasst, muss eine andere Bindung auf den Plan treten, denn jeder Mensch braucht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Freiheit und Bindung, ob er sich dessen nun bewusst sei oder nicht. Entstaatlichung hat deshalb nicht so sehr mit mehr oder weniger Freiheit zu tun, sondern mit der Frage, wie Freiheit definiert wird. Mangels staatspolitischer Identität besteht in den Vereinigten Staaten bis zu einem gewissen Grade die Notwendigkeit, sich zu «freiwilligen Gemeinschaften» zu bekennen, damit sich Freiheit und Bindung die Waage halten, wobei die nationale Identität, verstärkt durch religiöse Elemente, den Zusammenhalt der Gesellschaft garantieren. In Europa wird dieser Zusammenhalt durch die staatspolitische Identität gewährleistet, und umgekehrt besteht die Möglichkeit, das individuelle Leben frei von Bekenntnissen und frei von Bindungen an «Gemeinschaften» zu gestalten sowie nationale Identität zunehmend zurücktreten zu lassen. Entstaatlichung bedeutet somit nichts mehr und nichts weniger als zwei Bewegungen: einerseits die Verschiebung der Freiheit von einem Bereich in einen anderen und andererseits die Verschiebung der Bindung von einem Bereich in einen anderen. Es ist deshalb heute nicht etwa so, dass die Entstaatlichung die ganz grosse Freiheit zur Folge hätte, was immer sich die Protagonisten einer Ideologie der Entstaatlichung sich unter Freiheit auch vorstellen mögen. An die Stelle der Staatlichkeit tritt etwas, und dieses etwas ist die Religion. Sie manifestiert sich entweder direkt in religiösen Kategorien oder dann in moralischen, deren Berücksichtigung vom Individuum jedoch direkt verlangt wird, ohne dass es geschützt wäre durch den Filter der Rechtssetzung.

Etwas «Drittes» gibt es in allen Gesellschaften, wann und wo immer sie auf diesem Planeten auch beheimatet sein oder gewesen sein mögen. Dieses Dritte geht über die rein horizontalen Beziehungen zwischen den Individuen hinaus und verbindet die Gesellschaft, gibt ihr einen Zusammenhalt und ermöglicht es dem Individuum, eine gesellschaftliche Identität zu entwickeln, die ebenfalls über die rein horizontalen Beziehungen zu anderen Individuen hinausgeht. Am Anfang der Menschheit war das Dritte überall die Religion, später konnte das Dritte auch ein Gemisch von Religion und Staat sein. Im Mittelalter traten Staat und Religion immer mehr in Konkurrenz zueinander, und beide beanspruchten, dieses Dritte zu verkörpern. In Europa siegte 1648 der Staat, jenseits des Atlantiks siegte die Religion. Als später die Romantik die Nation erfand, diente diese neue Erfindung auf beiden Seiten des Atlantiks als Mantel für das jeweilige Dritte: Amerika kleidete die Religion in den Mantel der Nation, Europa kleidete den Staat in den Mantel der Nation. In Europa beginnt heute das Dritte – hier also die Staatlichkeit – ganz langsam, den Mantel der Nation wieder abzulegen: Die Blutflecken auf diesem Mantel sind zum Teil neu, zum Teil auch schon recht verblichen, aber der Mantel ist abgetragen. Erst jetzt wird man sich gewahr, dass das Dritte diesseits und jenseits des Atlantiks ja gar nicht dasselbe ist, nie das selbe gewesen ist: Die beiden Mäntel, in welche das Dritten diesseits und jenseits gekleidet worden sind, sehen nämlich ähnlich aus.

Und so ist es kein Zufall, dass von jenseits des Atlantiks genau das mit etwelchem Argwohn betrachtet wird, was hervortritt unter dem Mantel, den Europa vorsichtig abzustreifen beginnt, nämlich Europas Staatlichkeit und die staatspolitische Identität der Europäerinnen und Europäer: Was da hervortritt, glaubte man in den Vereinigten Staaten doch definitiv hinter sich gelassen zu haben. Die Religion, die jenseits des Atlantiks das Dritte ausmacht, wird den Mantel der Nation in den nächsten Jahrzehnten nicht ablegen, denn Religion als Drittes ohne den Mantel der Nation ist für die Vereinigten Staaten nicht vorstellbar. Staatlichkeit und Nation haben im Europa der vergangenen 200 Jahre recht gut zusammengepasst, nur hat sich das Rad der Zeit weitergedreht, und plötzlich nehmen wir wahr, dass sich das Ablegen des Mantels eigentlich schon seit längerer Zeit vorbereitet. Jede Gesellschaft – auch die europäische – braucht etwas «Drittes» . Dieses Dritte ist entweder die Staatlichkeit oder die Religion, es ist nie beides, und es ist immer eines von beiden. «Nation» allein kann es nicht sein, denn die Nation ist immer nur der Mantel. Nimmt man den Menschen das «Dritte» weg, so konstruieren sie sich sofort ein anderes «Drittes» als Ersatz für das, was man ihnen weggenommen hat. Staatlichkeit ist in Europa ideengeschichtlich ein sehr kostbares Gut.

Deshalb habe ich im Titel meines Referates den Begriff der «Staatlichkeit» gewählt. Gleichheit braucht Staatlichkeit. Und Staatlichkeit ist die Voraussetzung dafür, dass Recht geschaffen werden kann, Recht, das alle gleich behandelt, und Recht, das die kollektiv für gültig erklärte Moral beinhaltet. Dies alles haben wir in Europa über Jahrhunderte erarbeitet, eine leidvolle und schuldbeladene Geschichte hat Europäerinnen und Europäer gezwungen, diesen ideengeschichtlichen Weg zu gehen. Es lohnt sich, diesen Weg weiterzugehen und dafür einzustehen.